Motorradreisen in Südamerika
Tour 3: Durch Brasilien mit Pleiten und Pannen
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Mit Sergio in den Hügeln in Rio de Janeiro

Vorbereitungen:

Beim Kilometerzählen über der Karte findet man kleine gelbe Kästchen, die einem erklären, daß auf diesem Streckenabschnitt viele Überfälle abgehen. Na spitze! Fährt man andersherum, findet man sie auch. Aber wir wollen ja unbedingt nach Fortaleza, also werden wir da durch müssen....

Die beiden Bahnlinien (Oruro - Villazon  und Santa Cruz - Puerto Suarez) in Bolivien transportieren auch Motos - super. Billig ist es auch. Leider sind es einfach zuviele km für Ann's Urlaub und so wird Jan, ein hier lebender Motoverrückter, mit ihr in Rio den "Sessel" tauschen. Ann fliegt heim (für ein irres Geld) und wir fahren über Paraguay, Argentinien nach Hause. Mit viel Glück bekommen wir den Zug in Villazon, um bis Oruro "geschaukelt" zu werden - vielleicht, weil derzeit riesige Mengen von allem Möglichen aus dem krisengeschüttelten Argentinien ihren Weg nach Bolivien finden. Während ich hier tippe, kommt Ann rein und reicht mir den "Brennpunkt Lateinamerika" Nr.11 vom Institut für Iberoamerika-Kunde Hamburg. Zitate zum Thema Brasilien: "Stufe 5: Verbrechen als ständige Bedrohung, Risiko einer Entführung oder terroristischer Handlungen gegeben in Sao Paulo und Rio de Janeiro (Brasilien), Cali und Medellín (Kolumbien) sowie Detroit (USA)" (schlimmer sind nur Bogota und Johannesburg, Anm.d.V.) "Von den täglich insgesamt etwa 300 Mordfällen...."

Reiseverlauf:

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Abfahrt La Paz - Blick auf Illimani

Bolivien

Von La Paz fahren wir über Achocalla raus und so schnell wie geht die 890km nach Santa Cruz. Die AT mit Gepäck ist etwas träge auf der Höhe, während Ann auf der BMW nur so um die Ecken wieselt. Hinter Cochabamba hat Ann (wieder mal) Schrauben des hinteren Spritzschutzes verloren. Wir finden neue und schrauben extrem fest an. Dennoch, die Vibrationen der BMW sind so heftig, das dieser Mist immer wieder passiert.

Am Folgetag holen wir im Reisebüro die bestellten Tickets ab und fahren zur Bahn. Dort geben wir die Motos ab und ich überwache die Sicherung. Das Seil zum Sichern hatte ich vorsichtshalber in La Paz gekauft und das war auch gut so, denn die Jungs hatten natürlich nichts.

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AT wird verladen
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So sieht es dann drinnen aus

Um unsere Motos in Sicherheit zu wissen, drücke ich auch noch ein zu dickes Trinkgeld ab, was soll's. Wir warten lange fünf Stunden bis der Zug endlich kommt und loseiert. Die Super-Pullmanklasse, die wir uns gönnten, ist ohne Frage die beste Art die Zugfahrt zu überleben, aber auf keinen Fall luxuriös. Abends sollen wir zum Essen in den Speisewagon. Der Zug ist, obwohl irre langsam, extrem am Schaukeln und Springen. Man muß daher auf den anderen Wagon springen, danach aber schnell bremsen, weil links die Ausgangstür des Wagons fehlt und man leicht rausgeschleudert werden kann. Es ist so dramatisch, daß ich mich dort verkeile, um Ann sicher vorbei zu lassen, denn die Speisewagentür geht sinnigerweise zur anderen Seite auf, was einen zwingt, dicht am "Loch" vorbei zu gehen. Das Essen selber ist eine irre Sauerrei, da die Gabel nicht immer zwingend die Mundöffnung trifft. Diese Hopserei kann schon Angst machen, vor allem wenn man zwei Motorräder besitzt, die unter Gepäckbergen auf ihre Leidensfähigkeit geprüft werden. An den Stationen im Nirgendwo wird von Tee bis gefangener Affe alles verkauft - keine Fahrt für Tierfreunde.

In Puerto Suarez soll ich die Motos über Gepäcksäcke etwa 2m tief runterfahren, ich weigere mich. Für den blöden Gringo muß also (gegen Trinkgeld na klar) der ganze Zug zurücksetzen, dabei wird noch fleißig an- und abgekuppelt und ca. 40 Minuten später sind zwei völlig eingesaute und leicht verschrammte Motos am Bahnhof. Nun müssen die auch noch gewogen werden. Die Waage steht in einem unerreichbaren Raum, es wird ein Brett zum drüberfahren gesucht - geh mir doch los! Etwa eine Stunde nach den anderen Passagieren kommen wir an die bol. Grenze, wo der Zöllner samt Stempel seit 10 Minuten im Feierabend ist. Keine Chance auf Ausreisestempel. Meine Sympathie für mein Gastland wird auf eine harte Probe gestellt. Der Brasilianer läßt uns ohne Stempel nicht rein und so verlieren wir einen ganzen Tag in Corumba. Immerhin können wir auf bras. Seite schlafen und der Unterschied zwischen beiden Grenzorten ist ungefähr wie zwischen Kleinkleckersdorf und Paris.

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Mit riesigem Stahlgestell im Bein und Krücken nach Mopedunfall (Corumba / Brasilien)

Vom Pantanal bis Küstennähe

Am nächsten Morgen holen wir den Ausreise-, dann den Einreisestempel. Wir frühstücken beim Bäcker lecker und billig und ich tausche Dollars bei einem Araber in einer Drogerie (der Bankangestellte wußte mit mir gar nichts anzufangen und bat eine Frau mir den Araber zu zeigen, die wiederum tat sehr verschwörerisch "warte bis ich gehe und folge mir dann mit Abstand"!?!).

Zurück beim Bäcker treffe ich den härtesten Mopedfahrer meines Lebens. Er hatte einen Mopedunfall und trägt verankert im (!) Bein eine Stahlkonstruktion von irrer Größe. Er kommt angeknattert, schnappt sich seine Krücken vom Gepäckträger und humpelt zu seinem Frühstück. Als ich ihn frage, ob ich ein Foto machen dürfte, lacht er und hält mir sein Bein hin.

So fahren wir ab und treffen auf reichlich abgeholzte und abgebrannte Landschaft. Zwar sehen wir noch Tiere wie z.B. Wasserschweine, doch glaube ich nicht an ihr Überleben. Zwei tote Ameisenbären am Straßenrand lassen mich traurig werden. Das Paradies ist abgebrannt heißt es in einem Lied, so ist es hier.

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Brücke im Pantanal

Wir schaffen es bis Agua Clara. Wo wir abends in einer Pizzeria speisen. Ann's Saft ist klasse und ich bestell' denselben aber mit Mich statt Wasser. "Guayaba com leite", in Lautschrift sage ich "Guayaba com letschi" und ein verwirrter Kellner zeigt mir die Herrentoilette - mein portugiesisch scheint verbesserungswürdig! Jedenfalls stirbt alles vor Lachen in dem Restaurant als ich mit empörter Miene Ann's Glas hochhalte und rufe "com letschi no toaletschi!".

Der Spritzschutz der BMW hat sich hier irgendwo endgültig verabschiedet. Die Schrauben haben sich gelöst und tschüs und das bei mittelprächtig guter Straße.

Wir fahren über Nebenwege nach Uberlandia bis Petrocinio (irgendwo dazwischen ist die Zeitgrenze). Der Folgetag bringt Regen in schöner Waldlandschaft und dann endlich stoßen wir auf die BR 116, die uns nach Norden bringen soll.

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Ann hat Plattfuß in Aracaju
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Leere Strände in Praiha da Pipa

Der Norden

Aus Zeitmangel knicken wir Fortaleza und wollen an den im Lonely Planet erwähnten Strand in Praiha da Pipa. Hinter Feira de Santana verlassen wir die Regenzone, passieren die Wolkenkratzerstadt Recife und finden etwa 70 km vor Natal den Abzweiger nach Tibao und Praiha da Pipa, wo wir für 40 Reales ein Zimmer im Marajoura Hostal nehmen und zehn Tage bleiben. Das Wetter ist nur gut, der Strand zwei Buchten weiter wunderschön, man sieht permanent Delphine in den Buchten nach Fischen jagen und des Abends kann man hier und da Schildkröten auftauchen und nach Luft schnappen sehen - kurz: Wir haben uns verliebt! 

Beim (in Brasilien immer reichlichen) Frühstück kommen Makakenäffchen und nehmen gern angebotene Früchte entgegen.

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Makake auf dem noch nicht angerichteten Buffettisch

Beim Schwimmen kommt man den Delphinen schon recht nah. Man sie sehr gut beobachten und zuweilen ihre Stimmen hören. Für mich ein tolles Erlebnis! Als wir Miguel kennenlernen, der hier als Grundstücksmakler sein Brot verdient, lassen wir uns - na klar - einige Grundstücke zeigen. Die Preise sind günstig, nur sind die Grundstücke immer irre groß, so ab 5000m². Auf jeden Fall ist die Rundfahrt mit ihm sehr interessant und ja, hier könnte man es wohl aushalten. Nach zehn herrlichen Tagen machen wir uns auf nach Süden, mit dem Ziel Rio de Janeiro.

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Hängemattenausblicke in Pipa
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Küste südl. Joao Pessoa

Ausfall der BMW

Am Stadtrand von Recife ist nichts zum Schlafen zu finden und so schlafen wir bei Escada auf einer Tankstelle mit Pousada. Das Problem in Brasilien ist, dass die Worte "Pousada", "Motel", "Hotel" nicht unbedingt so verstanden werden, wie man sie meint. Fast überall kann man die Zimmer für eine oder mehrere Stunden oder (manchmal) auch für die ganze Nacht mieten. Das Problem ist zu wissen, wo man durchschlafen kann. Sergio aus Rio drückte es in Bezug auf seine Hotelempfehlung später für uns so aus: "Das ist da, wo man sich trifft." Soso...

Die Tankstellenpousadas können wir nur empfehlen. Sie waren stets sauber und kosteten ohne Frühstück nie mehr als 20R (ca. 6 Euro).

Kurz vor Feira de Santana warnt die BMW kurz mit einem Rotlicht -Kühlwasser. In der Tat fehlt etwas und wir füllen nach - leider kontrolliere ich nur den Reservebehälter. Das Warnlicht geht aus, wir fahren weiter und an der nächsten Tanke fällt die BMW aus. Zwischen 2 und 4 Uhr morgens nehme ich den Hobel auseinander - ohne Erfolg. Unsere einzige Hoffnung ist, einen LKW zu finden, der uns nach Rio und dort zur BMW Niederlassung bringt. Auf unserer Tanke ist keiner und als wir schon recht entmutigt sind, sagt mir der nette Kerl aus der Cafeteria, ich solle auf die andere Autobahn fahren (wir stehen auf der BR 110 kurz vor dem Autobahnkreuz mit der BR 324) und dort in Richtung Feira auf der für mich ersten Tanke fragen. Tja und dort treffe ich auf Sergio und Lorenzo, deren merkwürdiger Job es ist, auf der Tanke zu hocken und mit dem Handy irgendwelche Frachten zu irgendwelchen Orten zu bringen. Ich schnall' das erst gar nicht, da ich nur zwei Typen mit Handy auf einer Bank auf der Tanke sehe. Sergio meint immer kein Problem und zieht dabei seine Finger an den Lippen vorbei (besonders in Nordbrasilien verbreitet ist die Zeichensprache), doch ich bleib' skeptisch. Um 11.00 und um 14.00 Uhr sollen LKWs für mich kommen - das ist jedenfalls das, was ich verstehe, aber wie zum Geier soll das funktionieren? Ich solle man ruhig zu Ann zurückfahren und sie würden dann mit 'nem LKW vorbeikommen - wirklich? Ich fahr' zurück, erzähle Ann was läuft und fahr' wieder zu den beiden Experten, die mir gegen 10.30 Uhr einen LKW-Fahrer vorstellen, der nach Sao Paulo will. Für 200$US (erst wollte er 260 - für ihn 600R, weil der Real erst vor kurzem stark zum Dollar verloren hatte) macht er aber den Umweg und will uns nach Rio bringen - klasse! Ich düs' ab zu Ann und zehn Minuten später kommt das Monsterteil. Die beiden Jungs verspannen unsere Motos und ich frag', was ich ihnen denn zahlen solle. "Ach 20US$ ist genug." Joao, unser Fahrer, muß etwa 55US$ berappen. Jetzt schnall' ich das System, weiß ich doch, daß die Angestellten in unserer Pousada in Pipa 200R (ca 60) im Monat verdienen - also gar nicht schlecht!

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Die Rettung - Joao und sein Megatruck
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General Overlook aus der LKW Kanzel

Nach 15min sind wir startklar. Die Böcke verzurrt auf dem Autotransporter, das Gepäck unter der Liege in der Kabine und wir vor der Scheibe mit general overlook. So sehr ich mich über die BMW ärgere, die Fahrt ist einfach nur klasse! Joao zeigt uns hier und da was und erklärt uns vieles. Jetzt sind wir Trucker und verstehen nun, wieso wir so manches Mal von den LKWs von der Straße gefegt wurden. Wir fahren durch Resturwald mit Kakaoplantagen, später ist es Kaffee. Abends regnet es aus Kannen und wir schlafen auf einer Tankpousada, während Joao seine Liege im LKW nimmt. Vor jeder Fahrt bekreuzigt er sich und berührt eine kleine Madonna am Armaturenbrett, so auch am folgenden Morgen, als er sagt, wenn Gott es wolle, wären wir morgen Mittag in Rio. Abends müssen wir beide mit zur Telefonzelle und mit seiner Frau reden, die uns sofort einlädt, so wir denn mal bei ihr vorbeikämen. Tja und als wir am dritten Tag Rio erreichen, an einer Tanke halten und die Motos abgeladen und bepackt haben, sind wir alle drei traurig. Da sind wir bei aller Verständigungsschwierigkeit doch Freunde geworden. Ich geb ihm 220 Dollar und 10 mehr, damit er seiner Frau ein Geschenk mitbringt (der Real verlor übrigens weiter, so das seine 220$US knappen 800R entsprachen). Mit dem gesamten Gepäck auf die AT will ich zu BMW fahren und meine Frau abholen lassen. Als ich nach dem Weg frage, bietet mir der Sohn der Tankstellenpächter sofort an, mich hinzuführen, denn es wären noch 40km - Rio ist groß. Eine Stunde später sind wir da, ich bedanke mich und staune mal wieder über die Nettigkeit der Brasilianer. Dann treffe ich Guilherme, den Motoradchef von Autokraft, der meine Angetraute und ihre Schrottkiste abholen läßt, während ich hauseigenen Kaffee trinke (das wohl einzige Qualitätsprodukt bei BMW). Als Ann da ist, führt uns Sergio (ein Mann, der darüber nachdenkt seine Kawasaki gegen eine BMW zu tauschen - wie kann man bloß?) zu einem Hotel in der Nähe, das in einer sicheren Gegend liegt. So schlafen wir am Freitag das erstemal in Rio.

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Sergio und Ann an den Stränden südl. von Rio

In Rio de Janeiro

Bei Honda gibt es direkt Reifen für die AT, der Seitenständer wird repariert und einen Inspektionstermin mit Ventileinstellen haben wir auch. Nachmittags mailen wir an Jan das BMW Drama. Im "Pan de Azucar", einem Supermarkt, gibt es eine Sushitheke, wo wir von heute an täglich unsere Hauptmahlzeit einkaufen. Bei BMW erfahre ich vom After Sales Manager in Sao Paulo per Telefon, das in Rio das nötige Werkzeug um den Motor zu öffnen nicht (!!!!!) vorhanden ist und per Feedex von Sao Paulo geschickt werden muß. Täglich eiern wir danach zu BMW, nachdem wir an den Stränden waren und am Mittwoch (5 Tage dauerte das!) ist denn tatsächlich das Werkzeug da, aber es gibt keine Garantieleistungen, da uns die 10.000km Inspektion fehlt! Das es in und um La Paz kein BMW gibt, ist wohl mein Fehler. Jedenfalls hat der Kühler ein Loch, was dazu führte, daß der Zylinderkopf kaputt ist. Allein die drei Teile Kühler, Kopf und Dichtung kosten in Brasilien über 2.000 US$ und müssen erstmal aus Deutschland eingeflogen werden, wofür BMW 30 Tage benötigt! Nun muß man wissen, daß BMW in Brasilien irre teuer und echter Luxus ist. Eine F 650 GS die dort steht, kostet knappe 14.000 US$. Aber die Teile dort aus und in unsere einbauen - das geht nicht. Jedenfalls beginnt hier nun ein Drama mit BMW, das wohl seinesgleichen sucht (vielleicht berichte ich demnächst mal auf einer Extraseite über BMW Service und BMW Qualität hier wird es zu lang). Am Freitag komme ich auf die Idee (zugegeben spät), den angeblich nicht zu reparierenden Zylinderkopf und Kühler Suzuki zu zeigen. "Okay, give me three days", sagt mir Julio von Suzuki, mit dem ich ausmache, daß er auf meinen Anruf aus Sao Paulo wartet und dann die GS von BMW abholt und für 1000R repariert. Bei Autokraft erfahre ich, daß auch sie reparieren könnten (auf einmal?) und wie teuer wäre das? 2.500R!!! Also zweieinhalbmal so teuer wie Suzuki.  Danke, aber danke nein!

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Der traurige Anblick - die GS bei Autokraft in Rio

Am Samstag fahre ich mit Ann nach Sao Paulo, am Sonntag fliegt sie heim und abends kommt Jan an. Am Montag morgen rede ich in Sao Paulo mit den offiziellen BMW Vertretern, was wie zu erwarten nichts bringt, außer das der Reparaturpreis auf 1.800R gesenkt wird und ich beide (10.000 und 20.000km) Inspektionsstempel bekommen soll und eine einjährige Garantie auf die Arbeit. Ich Dussel sag: "Fangt an!"

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Mit Sergio in den Hügeln Rios

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Mit Jan über den Dächern von Rio

Abfahrt Rio:

Drei Tage soll die Reparatur dauern, Jan und ich verbringen die Tage an den schönen Stränden im Süden von Rio und machen mit Sergio eine Runde über die Hügel. Jan möchte unbedingt nach Copacabana. Zwar sag' ich ihm da sei nichts Dolles zu sehen, aber klar fahren wir eines schönen Abends beide auf der AT dort hin. Nachdem Jan überzeugt ist, fahren wir zurück und kurz hinter einer Polizeikontrolle, biege ich hinter Leblon rechts ab, um wieder auf die Hauptpiste zukommen. Der immer enger und dunkler werdende Weg führt uns den Hang hoch und oben ist dann Schluß. Ich dreh' um und wir fahren die Serpentinen zurück, als in einer Kurve ein Typ mit Pistole und Pumpgun steht. Jan sagt: "Hast Du das gesehen?" Klar hab ich, raus hier! Doch nun geht's los. Eine 250er schließt auf, will überholen und hinten drauf sitzt einer und richtet eine große silberne Pistole auf uns, die mit jeder Bewegung des Motos großzügig hin und her schwankt. Ach Du Scheiße! Jan wird nervös und ich geb' Gas. "Halt Dich an mir fest, schrei ich ihm zu", denn der andere hat Heimvorteil und was ich auf den kurzen Geraden gutmache, verliere ich in den Kurven. Jan klammert sich fest und nun gewinnen wir langsam Abstand. Unten an der Hauptstraße verschwindet dann schnell Licht aus meinem Spiegel. Am nächsten Tag erklärt mir Sergio dann, daß wir in der Favela waren. Das sei ein Off Limits Drogengebiet, wo sich selbst die Polizei nicht reintraut. Er läßt keinen Zweifel daran, daß wir in echter Gefahr gewesen waren. Ein Drogengebiet mitten in der Stadt? Direkt am Wasser? Ich staune nicht schlecht, was in Rio so alles möglich ist.

Donnerstag Mittag wollen wir los, doch fertig ist das Moto erst am Freitag Abend um 18.00 Uhr. Da die Batterie leer ist und die Mechaniker im Wochenende, überbrückt der BMW Manager von einer Autobatterie und ich sag' noch, das sei nicht erlaubt. Was er denn sonst tun solle, fragt er mich. Ich weiß nur, daß ich gerade bei BMW bin, eine Company, die unserer Situation in Bolivien überhaupt kein Verständnis entgegenbringt und selber falsch arbeiten will. Doch der Bock springt an, Jan dreht 'ne Runde, alles scheint klar, wir zahlen und .... als Jan den Schlüssel umdreht, startet die BMW (also ohne den Start Engine Button zu benutzen). Nun muß der Meister gerufen werden, der irgendwas austauscht und um 22.40 Uhr ist dann endlich die BMW fertig. Halleluja!

Am Samstag morgen fahren wir beide ab, verirren uns lange in Sao Paulo, bis ich den Ausgang "Castello Blanco" finde (das ist nicht etwa ein Ort, sondern eine Strassenbezeichnung). Hinter Sao Paulo startet die BMW wieder nur mit dem Schlüssel. Leider haben wir keine Zeit mehr und fahren über Londrina und Maringa nach Foz und weiter nach Asunción (in Brasilien werden wir leider noch geblitzt, Jan mit 136, ich mit 142 km/h, was uns 100US$ Schmiergeld kostet).

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In Asunción Parguay, vorm Losfahren schnell noch eine dochten

Durch den Chaco (diesmal auf Teer) und mitten drin kommt wieder das Rotlicht. Der Kühler ist nicht repariert und hat immer noch ein Loch. Ich bin unglaublich sauer auf BMW. Wasser wird aufgefüllt. Und weiter gehts nach San Salvador de Jujuy, wo wir das einkaufen, was es in Bolivien nicht gibt.

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Unter dem bösen Regenhimmel im Chaco
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In der Quebrada vor der Grenze zu Bolivien

Vollbepackt fahren wir nach Villazon, von wo wir den Zug nehmen wollen nach Oruro. Annette hatte uns eingebucht und wir erhalten noch am Freitag Nachmittag unsere Tickets und den Preis für die Motos (je 80US$). Am nächsten Morgen schnackt Jan mit einem Gringo, der meint: "Hallo, ich bin Detlev, dachte mir, wer mit dem Moto hier ist, muß ein verrückter Deutscher sein." Recht hat er! Nur wir fahren nicht weiter. Ich kenne die Piste über Potosi und will sie nicht nochmal machen. Er will sich melden, wenn er seine Tenere nach La Paz gefahren hat.

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Weiter weg kann man in Argentinien wohl nicht sein

Als die Motos eingeladen sind, wird's nochmal dramatisch, da wir erfahren, daß der Wagon nicht am Sonntag in Oruro ausgeladen wird, sondern erst am Montag. Oh nein! Dabei laß ich einen ärgerlichen Schrei ab, der bewirkt, daß die Jungs in Oruro doch am Sonntag arbeiten werden. Das freut nicht nur uns, sondern auch alle anderen, die im Wagon ihre Waren haben und nun mit uns einen Tag früher in La Paz sein werden. Der Zug fährt um 15.30 ab. Die Böcke stehen unangeleint, nur mit Kartons geschützt, im Wagon, denn die Fahrt soll ja ganz ruhig sein. Und es stimmt. Kein Vergleich zum Todeszug zwischen Santa Cruz und Pto. Suarez. Es werden Filme gezeigt und als Sly Stallone unter der Dusche zu heftig an Sharon Stone rummacht, drückt der Schaffner auf Forward (bolivianische Zensur). Nun fummelt Sly schneller, wir schreien vor Lachen und dann wird ohne Bild vorgespult. Wir sehen die beiden erst in Kleidung wieder. Wieviel lockerer sind doch die Brasilianer.

In Oruro klappt alles prima und irgendwann erscheint auch der Kassierer, wir zahlen und fahren die letzten 220km heim. Das war's mal wieder. Die AT hat 11.770km mehr auf der Uhr, ist 1.800km LKW gefahren und etwa 1.400km Zug.

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Oruro Bahnhof - von hier aus sind es nur noch 220km nach Hause
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